Ein Tag voller Effizienz, Überraschungen und Freiheit

Erfahre, wie ich in Japan einen außergewöhnlichen Tag erlebte – vom schnellen Bürgeramtsbesuch, der mich trotz Sprachbarriere nicht ausbremste, bis zum belebenden Joggen im Ohori Park, wo unerwartete Begegnungen und kulturelle Momente mich inspirierten.

BLOG

Vincent

2/12/20256 min lesen

Ohori Park
Ohori Park

Ich hatte heute zwei spannende Erlebnisse. Einmal musste ich wider Willen zum japanischen Bürgeramt und danach war ich das erste Mal in Japan Joggen, und das im Ohori Park, der ein sehr beliebter Jogging-Spot in Fukuoka ist.

Beim Bürgeramt in Japan

Ich war heute beim lokalen Bürgeramt, da es für jeden Ausländer, der ein Working Holiday Visum besitzt, Pflicht ist, sich innerhalb von 14 Tagen zu melden. Und ich bin ehrlich, mir hat es davor gegraut. Dinge zum ersten Mal zu machen, die überdenke ich ja gerne, wer meine Artikel schon etwas liest oder mich kennt, der weiß das. Und dann auch noch etwas mit Bürokratie? Da habe ich nicht viel Selbstbewusstsein, da bin ich ehrlich. Wegen meiner Sprachbarriere - die im bürokratischen Umfeld besonders groß ist - hatte ich nochmal einen großen Schluck mehr Respekt vor dem heutigen Tag, doch meine 14 Tage laufen am Freitag, dem 14.02. ab und ich wusste, drum herum komme ich sowieso nicht.

Also habe ich mich so gut wie ich konnte darauf vorbereitet, beim lokalen 7-Eleven (ein kleiner Laden mit Alltagsgegenständen) meine Papiere vorbildlich ausgedruckt, die mir helfen könnten und bin nach der Sprachschule zum Bürgeramt gewatschelt. Dass ich meinen Reisepass vergessen habe, ist mir natürlich dann erst beim Antragstellen eingefallen.

Dort angekommen, habe ich nochmal fünf Minuten an meinem Handy investiert, um ein paar hilfreiche Fragen auf japanisch vorzubereiten, die ich dann vorzeigen kann, wenn ich nichts verstehe oder Antworten brauche.

Und dann ging ich zum Eingang, die automatischen Türen öffneten sich im Retro-Style und ich betrat das Gebäude.

Effiziente Verwaltung - Was Japan besser kann als Deutschland

Drinnen angekommen begrüßte mich eine große Halle mit hunderten Menschen, die alle geordnet auf ihrem Stuhl oder in einer Schlange standen. Ich stellte mich zügig an die Schlange für den Empfang an und ging nochmal alle Screenshots meiner Fragen durch. Ich hatte definitiv zu wenige Fragen vorbereitet, auch wenn es über 10 waren. Als ich drankam, ging ich zu einem freundlich wirkenden Mann, der mich auf japanisch ansprach. Ich erklärte mit gekonntem und einstudiertem Japanisch, dass ich gerade japanisch lerne und nur ein bisschen verstehe. Die nächsten Momente waren jetzt entscheidend. Er nickte höflich und erklärte mir mit japanischem Akzent fehlerfrei, alles was ich machen musste. Und ohne ihn darum bitten zu müssen, füllte er für mich auf einem riesigen Formular alle Zeilen aus. Er fragte stets nach meinen Daten und stetig kamen wir voran.

Der Zettel war ausgefüllt, damit müsse ich zur nächsten Station, meine Bedenken und Extrawünsche hat er ebenfalls auf dem Formular notiert, so dass die antragsbearbeitende Person bei der nächsten Station wohl alles ohne Nachfragen lösen könnte. Ich zog eine Nummer aus einem Automaten und setzte mich und wartete.
Und diesen Moment kennen wir auch in Deutschland, man hat eine Nummer und man wartet. Doch hier hat da ganz und gar nicht lange gedauert, es war zügig und ich war nach 10 Minuten dran. Das muss man sich mal vorstellen - eine riesige Halle mit gut 300 Menschen und ich war nach 10 Minuten dran. In Deutschland ist man mit Glück nach 10 Minuten dran, in einem Warteraum mit 7 Personen.

Bei dieser Station gab ich all meine Dokumente ab und setzte mich der Beamtin gegenüber. Diese sprach aber leider nur japanisch, brachte aber schnell eine Frau vorbei, die für mich und sie übersetzte. Und in diesem Gebäude war diese Frau mein Engel, also wirklich. Sie war so nett, setzte sich für meine Fragen und Bedürfnisse ein, es fühlte sich an, als ob eine Verwandte an meiner Seite sitzt und alles für mich regelt. Sie stellte mir gelegentlich Fragen und erklärte alles der Beamtin. Ich weiß nicht, ob ich Glück hatte oder ob das immer so da ist, aber diese nette Frau ist mit mir von Station zu Station gegangen, hat alles für mich geklärt und mich insgesamt 90 Minuten begleitet. Ohne sie wäre ich wahrscheinlich immer noch im Gebäude, ohne meine Ziele erreicht zu haben, denn die Sprachbarriere war wirklich groß. Aber dank ihr und der Effizienz in diesem japanischen Bürgeramt war der gesamte Besuch nur stressig, aber mehr nicht.

Zum Schluss habe ich mich dann tausendmal bei allen Mitarbeitern bedankt, die mir geholfen haben und natürlich der lieben Dame, die mir so geholfen hat. Ich überlege, ob ich morgen nochmal vorbeigehen soll und ein Geschenk überreichen sollte. Dank ihr spare ich ca. 100€ im Monat. Zum Abschied sagte sie mir noch, dass ich so besorgt ausgesehen hätte, dass alles gut wird und ich in Osaka, wenn ich dort dann nochmal das Ganze machen muss, das viel einfacher hinbekommen werde und ich das kann.

Was für ein Engel.

Freiheit und Belohnung - Joggen im Ohori Park

Ich ritt den Rest des Tages noch auf dem Hoch, die heutige Herausforderung hinter mir zu haben und hatte viel Energie, die ich loswerden musste. Trotz der ganzen Hilfe war der Mittag ziemlich stressig und ich kam durchgeschwitzt zuhause an. Ich musste Stress abbauen. Und dann dachte ich an meine Joggingschuhe, die sauber aufgestellt, aber noch unbenutzt im Schrank standen. Statt meines täglichen Spazierens habe ich mir also eine Route überlegt, die ich entlangjoggen könnte und das ist in Japan gar nicht so einfach. In Japan ist Joggen zwar ein beliebter Sport, doch so locker einfach auf der Straße oder dem Gehweg joggen ist in Japan nicht angesagt.

Das Mantra in Japan gilt: Störe nicht die Allgemeinheit und stelle dich nicht in den Vordergrund.

So habe ich mich für den Ohori-Park entschieden, dessen Bild ganz oben im Artikel zu sehen ist. Das Besondere an diesem Park ist, dass er in der Mitte einen künstlichen See und eine Insel hat. Drum herum ist ein Fahrrad-, Jogging- und Gehweg gebaut worden. Der Laufweg hat sogar alle 100 Meter Markierungen und umfasst in einer Umrundung genau zwei Kilometer.

Ich nahm den nächsten Bus und merkte nach Dreiviertel des Wegs, dass ich in einem anderen Bus als geplant saß und dieser hier eine Abbiegung machte. Ich stieg aus und hatte noch gut einen Kilometer vor mir bis zum Park. Da es hier jedoch ruhig und fast menschenleer war, wärmte ich mich schon ein bisschen auf und joggte ein bisschen. Da es den Nachmittag leicht regnete, waren hier nicht viele Leute unterwegs.

Und dann aus dem Nichts, meine erste Begegnung mit dem Shintoismus

Ich sah auf dem Weg zum ersten Mal eine Katze, eine Katze, die hinter einem Baum saß. Ich blieb stehen und bewunderte die Schönheit dieser Katze. Leicht orange, leicht gräulich und sehr intelligent wirkend. Als ich mich zwei Meter entfernt hinhockte und "Pspsps" machte und meine Hand ausstreckte, guckte sie mich nur an und wusste nicht ganz recht, was gerade passierte. Ob Japaner das denn gar nicht machen? In Deutschland haben Katzen bei so etwas eine von zwei Reaktionen: Entweder kommen sie zu dir langsam, oder sie verlassen die Situation. Diese Katze jedoch saß da, genauso friedlich wie davor, aber nicht einladend, dass ich näher kommen könnte. Sie saß da und guckte mich an, fragte sich offensichtlich, was der fremd aussehende Mensch da macht und was er von mir will. Ich bekam Respekt vor dieser Katze und auch eine gewisse Ehrfurcht.

Ich dachte aus irgendeinem Grund an die Shinto-Religion, die neben dem Buddhismus die verbreitetste Religion in Japan ist (Buddhismus = 46,3% aller Japaner, Shintoismus 48,5% aller Japaner). Denn in dieser Religion glaubt man an die sogenannten 8 Millionen Götter, nicht an einen. Die acht Millionen stehen metaphorisch für eine unendlich große Zahl an Göttern. Und es gibt dort keinen Gott, der über alles herrscht und alles sieht. Stattdessen sind die Götter, Kami genannt, in Form von Menschen, Tieren, Gegenständen oder abstrakten Wesen zu finden.

So sehen Japaner in alltäglichen Dingen einen Gott, nicht den einen Gott, aber einen Gott, der mit Ehrfurcht und Respekt zu behandeln ist. So sieht man an japanischen Flughäfen zum Beispiel beim Abflug Mitarbeiter, die sich vor dem Flugzeug verbeugen, um ihm Respekt zu erweisen, denn auch dort könnte ein Kami innewohnen. Und heute auf dem Weg zum Park, da sah ich dann diese Katze und ich hatte einen sehr großen Respekt vor dieser Katze. Ich blieb noch für 20 Sekunden da sitzen und wir beobachteten uns gegenseitig, doch ich wollte sie nicht verscheuchen von ihrem Platz, den sie sich wohl sorgfältig ausgesucht hatte. Ich stand auf, ging ein paar Meter und drehte mich um. Sie schaute mir noch eine Weile hinterher.

Und dann joggte ich frei und gelassen für 20 Minuten im Park, schaffte 4 Kilometer - also zwei Runden - in der Zeit, was okay war, dafür, dass ich schon etwas länger nicht mehr Joggen war.

Zufrieden und körperlich ausgelaugt entschied ich mich nach Hause zu laufen, auch wenn es regnete. Ich hatte meine Regenjacke an und genoss den hereinbrechenden Abend.

Ein Tag voller Effizienz, einer Überraschung und Freiheit

Der effektive Ablauf im Bürgeramt hat mich wirklich beeindruckt, als Deutscher kann ich da wirklich nur drüber staunen. Die Katze zu sehen, war natürlich nur eine Minute meines ganzen Tages, doch irgendwie hat mich dieser Moment heute berührt. Ich denke, dass es mir gut tut, dass ich mit Offenheit dieses Land entdecke. Generell bin ich gerne offen und bleibe stets neugierig und gerade jetzt lohnt sich diese Einstellung besonders. Das Joggen hinterher, ein Traum. Wer gerne Joggen geht, und mal in Fukuoka zu Besuch ist, sollte hier auf jeden Fall mal vorbeischauen. Viele Jogger gab es auf dieser Bahn, es war irgendwie schön zu sehen, wie wir uns alle im Regen hier versammelt hatten, einfach um zu joggen und das Leben zu genießen.

Apropos Leben genießen. Ich war vorgestern in einem englischen Pub, und da habe ich mir das ein oder andere Bier gegönnt und zum ersten Mal eine Frau angesprochen. Mehr dazu findest du im gestrigen Artikel hier.