Die Kunst des Ansprechens – Ein Abend im japanischen "English Pub"

Ein Abend in einem "English Pub" in Japan, in dem nur Japaner waren. Sprachbarrieren, neue Freundschaften und ein mutiger Versuch, ins Gespräch zu kommen.

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Vincent

2/11/20253 min lesen

japanese english pub
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Gestern Abend hatte ich eine der kuriosesten, aber auch lehrreichsten Erfahrungen meiner bisherigen Zeit in Japan. Mein Kumpel und ich wollten uns der Herausforderung stellen, in einem sozialen Umfeld mit fremden Menschen zu interagieren – insbesondere mit Frauen. Unser Ziel: ein sogenannter „English Pub“, bei dem man erwarten könnte, auf ein internationales Publikum zu treffen, zumindest auf Japaner, die Englisch sprechen könnten. Doch kaum betraten wir die Bar, wurde uns klar, dass die einzigen Ausländer in diesem "English Pub" wir selbst waren.

Ein Pub voller Japaner – und wir mittendrin

Obwohl wir eine ganz andere Atmosphäre erwartet hatten, war die Stimmung überraschend locker. Japaner gelten oft als zurückhaltend, aber in dieser Bar schien das anders zu sein. Der Alkohol und die entspannte Umgebung machten die Leute offener, redseliger – fast wie ein Kulturschock im Mini-Format. Zwar waren die Menschen immer noch höflich, doch die Distanz, die man im Alltag oft spürt, war hier wie weggeblasen. Leute schoben sich sanft beiseite um sich durch diese große Bar hindurchzumanövrieren. Und obwohl man denken würde, dass zumindest in diesem Umfeld einige Blicke auf einem wären, war dies nur ein bisschen so. Na klar merkte man ein paar Blicke von Frauen auf sich gerichtet und auch ein paar zunickende Gesten von ein paar Männern, aber viel weniger als erwartet. 

Die Herausforderung: Die Sprachbarriere

Während wir uns ein Bier bestellten, merkten wir schnell, dass Small Talk auf Englisch hier nicht funktionierte. Die meisten Gäste konnten kaum Englisch, und unser Japanisch war auch nicht gerade auf Konversationsniveau. Nach einiger Zeit und einem fast leeren Bier waren wir schon dabei, uns wieder auf den Weg zu machen und in die nächste Bar zu gehen, doch aus irgendeinem Grund blieben wir noch für ein paar Minuten. Und dann kamen wir mit drei Japanern ins Gespräch, die sehr nett waren, brüchig Englisch sprachen und mir nach kurzem Small Talk eine unerwartete „Mission“ gaben. Einer brachte mir drei japanische Sätze bei, die ich in Richtung einer Frau anwenden sollte. Die Sätze waren etwas in die Richtung wie: "Hey! Du bist sehr süß, ich würde gerne mit dir sprechen. Wollen wir etwas Trinken gehen?" Nachdem ich die Sätze, etwas angetrunken, ca. 10 Mal wiederholt habe, nicht immer ganz fehlerfrei, sagten sie, ich bin bereit. Ich war mir da zwar nicht so sicher, aber bevor ich realisieren konnte, was passiert, schoben sie mich sanft, aber bestimmt in ihre Richtung. Einer der Japaner folgte mir dicht, um im Notfall zu übersetzen.

Der Moment der Wahrheit

Da stand ich nun, ausgerüstet mit drei japanischen Sätzen und einer Mischung aus Nervosität und Abenteuerlust. Ich tippte die Frau an, sie guckte mich an und ich sprach die Sätze fehlerfrei aus, versuchte mein Bestes zu geben, sie mit der richtigen Intonation zu sagen. Die Frau lächelte höflich, antwortete auf Japanisch – und ich verstand… nichts. Eine kurze, etwas peinliche Stille. Dann schaute ich zu hilfesuchend zu meinem neuen japanischen Freund, der für mich weiterredete. Ich guckte leicht amüsiert zu ihm, zu ihr, dann wieder zu ihm. Sie redeten ein bisschen, ich versuchte noch ein paar Sätze hinzuzufügen. Wir "redeten" kurz über unser Alter, sie war 29, was wohl zu alt war? Ich war mir nicht ganz sicher. Dann ein höfliches Kopfnicken, ein Lächeln, und sie wandte sich wieder ihrer Freundin zu. Eine freundliche, aber klare Abfuhr. Ich ging zurück zum Tisch und fragte erstmal was gerade passiert war. Ich fand das Ganze amüsant, es war nicht so, als ob ich mir irgendwas erhofft habe. Meine Unterstützung meinte nur: "You, very kind. She, not kind. But you did really good." Grob übersetzt und zusammengefasst, hat er mir erklärt, dass ich zwar sehr höflich und nett war, sie aber nicht und das es besser so ist, dass sie nein gesagt hat. Er wollte mich direkt zur nächsten Frau schicken, aber das war erstmal genug für mich. Wir lachten noch eine Weile und zu fünft tauschten wir Geschichten über Japan, Deutschland und das Reisen aus.

Lektionen eines Abends

Natürlich hätte ich es nicht schlecht gefunden, wenn mein erstes Mal direkt geklappt hätte, doch die Erfahrung war großartig. Es war spannend zu sehen, wie anders die Japaner in dieser Bar waren – entspannter, direkter, und doch respektvoll. Und obwohl ich einen Korb bekommen habe, war es eine wertvolle Lektion in Mut, sozialer Dynamik und interkultureller Kommunikation.

Vielleicht war es nicht der erfolgreichste Abend in Bezug auf Flirterfolge, aber definitiv einer der unterhaltsamsten. Und wer weiß? Beim nächsten Mal habe ich vielleicht ein paar Sätze mehr im Repertoire. Es war ein sehr spaßiger Abend!

Was ich am Wochenende gemacht habe? Ich habe einen Schrein und seinen Flohmarkt besucht! Mehr dazu kannst du hier lesen.